Forschergruppe "Anfänge (in) der Moderne"
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Topoi der Ursprünglichkeit

Kunstwissenschaften

Teilprojekt (1):

Lokalkolorit – Die Suche nach dem Ursprünglichen in der regionalistischen und exotistischen Malerei der Moderne

Dr. Matthias Krüger

Im Laufe des 19. Jahrhunderts emigrieren immer mehr Künstler aus den Großstädten aufs Land, wo sie nicht selten ›Kolonien‹ gründen. Doch nicht nur der Wald von Fontainebleau und das Teufelsmoor bei Worpswede, die Bretagne oder der Schwarzwald, sondern auch außereuropäische Gegenden wie der ›Orient‹ oder die Inseln ›Ozeaniens‹ werden zunehmend von europäischen Künstlern bereist und erschlossen. Beiden Bewegungen, derjenigen aufs Land und derjenigen in die Ferne, ist die Abkehr von der urbanen Zivilisation und die Suche nach ›Ursprünglichkeit‹ gemeinsam.

Verstanden werden der künstlerische Regionalismus und sein Pendant, der Exotismus, in diesem Projekt als Reaktion auf die seit dem Ende des 19. Jahrhundert um sich greifende Furcht, dass die fortschreitende ökonomische, koloniale aber auch touristische Erschließung der Welt zu einer allgemeinen Nivellierung regionaler Unterschiede und zu somit einem globalen Schwinden von Lokalkolorit führen könne.

Dem Forschungsvorhaben sind drei Ziele gesetzt: Erstens wird die Affinität zwischen regionalistischer und exotistischer Malerei einer genauen Analyse unterzogen – auch in ihrer jeweiligen Verflechtung mit der Volkskunde und der Ethnographie, deren wissenschaftliche Etablierung sich zeitgleich vollzog. Zweitens wird mit dem Begriff ›Lokalkolorit‹ (verstanden als die besondere Atmosphäre eines Ortes bzw. deren künstlerische Evokation) ein neues Themenfeld in der kulturgeschichtlichen Forschung aufgetan. Drittens soll die Suche nach Ursprünglichkeit, die zum Leitmotiv der künstlerischen Moderne avancieren sollte, als Reflex auf den Prozess der Globalisierung begriffen werden.

Teilprojekt (2)

‚Ethnographische Parallelen’ und die Suche nach den Ursprüngen der Kunst um 1900

Prof. Dr. Ulrich Pfisterer

Für die junge Disziplin der Kunstgeschichte hatte um 1900 die Erforschung der Ursprünge und Anfänge der Kunst weit mehr als nur historiographisches Interesse. Damit verband sich die entscheidende Frage nach der Wissenschaftlichkeit des Faches überhaupt. Denn nur möglichst weitreichende Kenntnisse über die Ursprünge des menschlichen Kunst-Schaffens schienen eine zuverlässige methodische Basis für eine umfassende historische und systematische Analyse von zunächst Körperschmuck und Kunsthandwerk, dann Malerei, Skulptur, und Architektur zu liefern: Anthropologische Fundierungen und kulturelle Prägungen der künstlerischen Produktion, wie sie sich im Laufe der Menschheitsgeschichte immer komplexer überlagerten, ließen sich vermeintlich nur so auseinander dividieren und in ihren ‚Entwicklungsgesetzen’ richtig beurteilen.

Anthropologie, Vorgeschichtsforschung, Ethnologie und Psychologie lieferten der Kunstgeschichte für diese Problemstellung in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ganz neues Material: Einsichten zur biologischen Evolution des Menschen, prähistorische und ‚primitive’ Kunstobjekte sowie Untersuchungen zu den Anfängen von Kinderzeichnungen. Erkenntnisse aus dem einen Bereich schienen dabei – nach dem Modell ‚ethnographischer Parallelen’ – auf die anderen übertragbar. In der Zusammenschau glaubte man so mit der Zeit eine wissenschaftlich beweisbare und umfassende Vorstellung und Theorie von den Ursprüngen und der Entwicklungslogik der Kunst zu erlangen.

Ziel des Projektes ist es, dieses Diskursfeld in seiner gesamten Breite wieder zu rekonstruieren und die Frage nach den Ursprüngen der Kunst als eines der zentralen Problemstellungen der Kunstwissenschaft um 1900 zu erweisen.

Prof. Dr. Ulrich Pfisterer
Dr. Matthias Krüger
N.N. (Hilfskraft)

Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Kunstgeschichte
Zentnerstraße 31
80798 München

Telefon: +49 (0)89 / 2180 - 3718
Fax: +49 (0)89 / 2180 - 5316

E-Mail Matthias Krüger E-Mail Ulrich Pfisterer