Forschergruppe "Anfänge (in) der Moderne"
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Verheerende Anfänge: Brudermord und Bürgerkrieg

Romanische Philologie

Französische Geschichte konstruiert sich seit der Literatur der Renaissance als translatio römischer Geschichte. Sie nimmt in Rom ihren Anfang. Die Frage ist nur, welchen Anfang. Während Paris als erfüllende und überbietende Variante, gesungen von einem neuen Vergil, in Gestalt eines Ronsard oder Hugo, als wahres Troja oder vom Brüderblut unbeflecktes Rom relativ gut erforscht ist, ist eine zentrale Figur des verheerenden Anfangs, die für die französische Tradition ebenso prägend ist, weitgehend im Dunklen geblieben: die Figur des Brudermordes, die sowohl in der römischen Literatur als auch in der Bibel vorgeprägt ist.

Der epochale Einschnitt der Französischen Revolution und die sich daran anschließenden Revolutionen im 19. Jahrhundert bedingen, daß sich die Aporie der theologischen Fundierung von Politik verschärft, die Frage nach der Wiederkehr welchen Anfangs und Musters und also welchen 'Begriffs des Politischen' brennender wird. Der Konflikt um den Anfang der Politik und damit um die Möglichkeit einer heilsfähigen politischen Ordnung bricht erneut auf und gewinnt erstaunliche Aktualität. Das systematische Moment der Anknüpfung der französischen Situation an die spätantike Diskussion, die die Texte als ein basso continuo durchzieht, ist Forschungsdesiderat geblieben. Die Untersuchung wird drei postrevolutionäre Momente dieses Jahrhunderts ins Auge fassen: 1. die republikanische Variante, wie sie Michelet und Zola vertreten und die bis heute den französischen Republikanismus theologisch-politisch fundiert und ein irdisch-politisches Heilsversprechen impliziert; 2. die katholische Reaktion, der Léon Bloy die überzeugendste literarische Gestalt gegeben hat und 3. im Schatten dieser Alternative weithin unbemerkt der augustinische Skeptizismus Flauberts, der sich gegen die politische Romantik eines Hugo profiliert.

Prof. Dr. Barbara Vinken (Projektleiterin)
Edith Hüttenhofer (Hilfskraft)

Die Arbeiten des Projektes werden nach Abschluss der 1. Förderungsphase der Forschergruppe im Rahmen des Flaubert-Zentrums / Centre Flaubert du Munich fortgesetzt.

Institut für Romanische Philologie
Ludwig-Maximilians-Universität München
Ludwigstr. 25
80539 München

Telefon: 089/2180-3531
Telefax: 089/21801-6516

E-Mail: Barbara.Vinken@romanistik.uni-muenchen.de
Sekretariat: Sekretariat.Vinken@romanistik.uni-muenchen.de