Forschergruppe "Anfänge (in) der Moderne"
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Vorlesungsreihe "Urworte" (21.4.10-14.7.10)

Thematik

Aller Anfang liegt gewöhnlich der Erfahrung und Erinnerung voraus. Deshalb muss, was als ein Anfang gelten soll, durch besondere Verfahren des Vorstellens, Bezeichnens und Erzählens allererst hergestellt und kulturell behauptet werden. Im Deutschen bietet sich hierzu ein Wortbildungsverfahren an, das anderen Sprachen in dieser Form nicht kennen: Das Präfix Ur- semantisiert eine Vorstellung vom Ursprünglichen und Ersten und signalisiert zugleich die Hoffnung, damit dem Eigentlichen einer jeden Sache auf die Spur zu kommen.

"Urworte" entsprechen so dem machtvollen Wunsch, dem Geschehen, dem wir angehören, "einen Anfang zu setzen". Sie begegnen dabei jedoch – wie Thomas Mann im Josephsroman schreibt – der Schwierigkeit, „dass kein Ding zuerst und von selber ist, Ursache seiner selbst, sondern ein jedes gezeugt ist und rückwärts weist, tiefer hinab in die Anfangsgründe, die Gründe und Abgründe des Brunnens der Vergangenheit“. Gerade weil sein Gegenstand empirischer Beobachtung entzogen ist, erhebt ein „Urwort“ das, was es bezeichnet, in den Rang eines Elementaren, aus dem alles Weitere und Spätere sich ableitet; es lässt eine Einheit und womöglich Reinheit imaginieren, die sich im historischen Verlauf differenzieren und verlieren. Es evoziert so eine Aura des Primären, die sogar serielle Wortbildungen - wie Ururgroßvater - erlaubt, auch wenn diese dem erklärten Anspruch eines singulären Urbeginns zuwiderlaufen. Wie aber ist das zu denken?

Die interdisziplinäre Vorlesungsreihe der Forschergruppe „Anfänge (in) der Moderne“ wird sich im Sommersemester 2010 jede Woche einem solchen "Urwort" widmen und nach seinen Wirkungsweisen fragen. Worin liegt die Macht solcher Diskurs-begründender Begriffe? Wozu wurden sie geprägt? Und wie kommen sie seither zum Einsatz? Das Spektrum der Vorträge reicht dabei von den Naturwissenschaften (Urknall, Urwald) über Theologie und Philosophie, Sprach- und Literaturwissenschaft bis zur Ethnologie (Ureinwohner) und Theaterwissenschaft (Uraufführung).

Programm

  • 21. 04. Urknall – Harald Lesch (Physik, LMU München)
  • 28. 04. Urwort – Stefan Willer (Germanistik, HU Berlin)
  • 05. 05. Urwald – Joseph Reichholf (Biologie, TU München)
  • 12. 05. Ursprung – Günter Zöller (Philosophie, LMU München)
  • 19. 05. Urbild – Christof Rapp (Philosophie, LMU München)
  • 26. 05. Urgeschichte – Cornelia Zumbusch (Germanistik, LMU München)
  • 02. 06. Urszene – Tobias Döring (Anglistik, LMU München)
  • 09. 06. Urpflanze – Eva Geulen (Germanistik, Universität Bonn)
  • 16. 06. Uroffenbarung – Alf Christophersen (Ev. Theologie, LMU München)
  • 23. 06. Urkirche – Roland Kany (Kath. Theologie, LMU München)
  • 30. 06. Ureinwohner – Karl-Heinz Kohl (Ethnologie, Universität Frankfurt/M.)
  • 07. 07. Ursprache – Olav Hackstein (Sprachwissenschaft, LMU München)
  • 14. 07. Uraufführung – Christoph Lepschy (Dramaturgie, Mozarteum Salzburg) u.a.

Zeit: Mittwoch 18.15 Uhr
Ort: HS A 021 LMU Hauptgebäude.

Die Vorträge sind öffentlich, der Eintritt frei.

Konzeption und Organsisation: Tobias Döring, Michael Ott

Verantwortlich für den Inhalt: Michael Ott