Forschergruppe "Anfänge (in) der Moderne"
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Workshop "Natalität des Schöpferischen" (27./28.01.2011)

Thematik

Natalität ist, nach Hannah Arendt, der „Neubeginn, der mit jeder Geburt in die Welt kommt“. Während diese Natalität, als stete Möglichkeit eines Neuanfangs, im philosophischen Diskurs oft im Schatten der Fragen nach Sterblichkeit, Tod und Ende stand, ist sie in den Künsten seit langem metaphorisch in Anspruch genommen worden: Neben Zeugung und Empfängnis markieren Mutter- und Vaterschaft und vor allem Schwangerschaft und Geburt ein diskursives Feld, in dem ästhetische Hervorbringungen imaginiert und beschrieben, als Neuanfänge legitimiert, damit zugleich aber naturalisiert und entsprechend den ontologischen Prämissen der jeweiligen Kultur konzeptionalisiert wurden.

Während die vormoderne ‚Geburt des Kunstwerks’ daher nie als rein weltlicher Vorgang, sondern immer in Bezug zur Religion verstanden wurde, ersetzte die Moderne die Götter durch die Natur, die Theologie durch die Biologie und modifizierte damit die Semantik der Geburt grundlegend. Die Zeit um 1800 ist reich an Denkmodellen, die künstlerische Produktion und biologische Reproduktion aufeinander projizieren. Diese Projektionen sorgen nicht zuletzt im Feld von Gender-Differenzen für erhebliche Turbulenzen, denn es ist in der Regel ein Mann, der die weiblichen Möglichkeiten des Gebärens metaphorisch usurpiert.

Der Workshop „Natalität des Schöpferischen“ will Entwicklungen und Brüche in der künstlerischen Natalitätsmetaphorik der Moderne untersuchen. Er fragt nach Familien-, Rechts-, Natur- und Gendermodellen im Einsatz der Geburtsmetapher ebenso wie nach der Reprojektion des maskulin usurpierten Geburts-Konzepts auf die Position der kreativen Frau bzw. Künstlerin, die solchermaßen die maskulin geprägte Weiblichkeit noch einmal integriert und reflektiert. Von Interesse sind auch Vorstellungen nicht-geschlechtlicher Kreation, welche die Natalität aus der Biosphäre und der Dominanz der Familienordnung herauslösen, also Konzepte des Antigenerischen, des Autogenen oder des Klonens. Im Zentrum des Workshops aber stehen Reflexionen der Natalität als Anfangsfigur in literarischen und künstlerischen Werken der Moderne selbst.

Programm

Donnerstag, 27.Januar 2011
LMU Hauptgebäude HS M 118

  • 19.00 Uhr    Aage Hansen-Löve, Lars Schneider (München): Begrüßung und Einführung
  • 19.15 Uhr    Gerhard Neumann (Berlin): ‚Geschenk des Geschlechts’ und ‚Gabe des Gedichts’. 
Natalität avant la lettre

Freitag, 28. Januar 2011
Lyrik-Kabinett, Amalienstraße 83a, 80799 München

  •   9.15 Uhr   Renate Lachmann (Konstanz): Spontangenesen. (Einfälle, Eingebungen, Verwandlungen)
  • 10.15 Uhr    Karin Leonhard (Eichstätt): Mutter Erde. Höhlenphantasien und Gynäkokratie zwischen 
Barock und Moderne
  • 11.45 Uhr    Christian Begemann (München): Prokreation und Werkstatt. Zur Revision romantischer Modelle von Kunstproduktion in Wagners „Meistersingern“
  • 14.30 Uhr    Annette Keck (München): Die Kunst der Missgeburt
  • 16.00 Uhr    Irina Hron-Öberg (München): „Mein verspätetes Hommunkeln, dieses Reden aus der 
Retorte“. Wort- und Hirngeburten in skandinavischen Romantexten um 1900
  • 17.00 Uhr    Aage A. Hansen-Löve (München):Schwangere Musen – Antigenerisches Schreiben
  • 18.00 Uhr    Ende des Workshops

Zeit: 27. und 28. Januar 2011
Ort: LMU Hauptgebäude / Lyrik-Kabinett München (Amalienstraße 83a)

Die Vorträge sind öffentlich, der Eintritt frei.
Konzeption und Organsisation: Aage A. Hansen-Löve, Lars Schneider
Um Anmeldung per E-Mail wird gebeten.

Verantwortlich für den Inhalt: Michael Ott