Forschergruppe "Anfänge (in) der Moderne"
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Workshop: "Primitivismus/(Neo-)Primitivität" (9./10.7.2009)

Workshop

Primitivität/(Neo-)Primitivismus

9./10.Juli 2009
LMU München und Lyrikkabinett München

Donnerstag, 9. Juli 2009

LMU Hauptgebäude, Hörsaal M 010

19.00 Annegret Heitmann / Aage A. Hansen-Löve (LMU München): Begrüßung und Einführung

19.15 Michael Zimmermann (Katholische Universität Eichstätt): Prometheus als Kind. Ursprungsszenarios und Metamorphosen im Werkprozess Auguste Rodins, Medardo Rossos und Constantin Brancusis

Freitag, 10. Juli 2009

Lyrik-Kabinett, Amalienstraße 83a

9.30 Friedrich Teja Bach (Universität Wien): Giacomettis Primitivismus

10.30  Kaffeepause

11.00  Claudia Öhlschläger (Universität Paderborn): „Mystische Partizipation“. Zum Primitivismus-Diskurs der Avantgarden

12.00  Mittagspause

14.00  Annette Werberger (Universität Tübingen): Wildes Erzählen in archaischen Formen – zur Beziehung von Folklore und Literatur

15.00  Kaffeepause

15.30  Aage A. Hansen-Löve (LMU München): Neoprimitivismus à la russe

16.30  Abschlussdiskussion

Die Moderne interessiert sich für das Primitive in mehrfacher Weise: Die Wissenschaften suchen nach Ursprachen und Urvölkern; aus der Frage nach dem Anfang der Kulturgeschichte entstehen Ethnologie und Anthropologie; Linguistik, Religions- und Gesellschaftswissenschaft erforschen magisch-vorrationale und mythische Phänomene und fahnden nach ‚primitiven Menschen’. Die dabei entdeckte (oder konstruierte) Alterität wird mit einem zeitlich entlegenen Vorstadium und mit Einfachheit gleichgesetzt. Diese Diskurse werden auch von Literatur und Kunst aufgegriffen, modelliert und – zum Teil kritisch – reflektiert.

Entscheidend für die Kunst der Moderne aber werden sich als „primitivistisch“ verstehende künstlerische Bewegungen, die, den Jungbrunnen der Archaik durchschreitend, sich vom „Vorgestern ins Übermorgen“ katapultieren, um aus der erneuerten Primitivität eine neue, ‚authentische’ Modernität zu gewinnen.

Unter dem Leitstern des Primitiven werden für die klassische Moderne dabei nicht nur die Kunst ferner Eingeborener oder der vorklassischen Antike faszinierend, sondern ebenso die eigene Folklore, die frühchristliche Kunst oder – wie im Falle der russischen Avantgarde – die wiederentdeckte Ikonenmalerei, die maßgebliche Anstöße zur Entwicklung einer a-perspektivischen Kunst liefern sollte. Ein nicht unbedeutender Nebenschauplatz des Fundus an Primitivität ist zudem die Entdeckung ‚archaischer’ Strukturen des Unbewussten, wie es im Denken der Kinder, der Wahnsinnigen oder der Ekstatiker kunstwirksam werden konnte.

Der Workshop „Primitivität / (Neo)-Primitivismus“ soll diesen Anfangs-Bezug der Moderne exemplarisch an Beispielen aus Kunst und Literatur diskutieren. Sein Titel verweist in mehrere divergente Richtungen, die der Komplexität des Phänomens entsprechen: Das „Primitive“ ist generisch als der archaische Grund- und Urzustand der Kultur in ihrem prä-differenzierten, ursynkretistischen Status zu verstehen; dagegen führt der „Primitivismus“ immer schon sein „Neo“ als Präfix im Schilde – als Stilisierung von etwas, das in seiner angestrebten authentischen „Urigkeit“ im Grunde unerreichbar scheint; als Verwendung von Signifikanten des Primitiven, die mit aktuellen, völlig anders gelagerten Signifikaten gekoppelt werden. Mit einem Wort: "Neo" und "Ismus" aktualisieren einen Urzustand zugleich als kulturelles und künstlerisches (Arte-)Faktum der Gegenwart.

Organisation: Annegret Heitmann, Aage A. Hansen-Löve

Koordination: Michael Ott

Die Veranstaltung ist kostenlos.